Palmöl und deutsche Klimapolitik

 

Nicht nur im Verkehrssektor möchte Deutschland eine internationale Vorreiterrolle bei der weltweiten Klimapolitik einnehmen. Eine Umstellung von Kernenergie auf erneuerbare Energien sowie deren verstärkte Förderung ist ein essentieller Bestandteil dieses Anspruchs. Bis zum Jahr 2020 soll die Minderung der deutschen Treibhausgase 40% gegenüber dem Jahr 1990 betragen; bis zum Jahr 2040 sind sogar ambitionierte 80-95% geplant. Ob dieses Ziel tatsächlich erreicht werden kann, ist fraglich. Im Jahr 2012 stiegen die Emissionen gegenüber dem Vorjahr wieder um 11 Millionen Tonnen CO2, bzw. 1,1% an. Der Grund hierfür liegt einerseits bei dem vermehrten Einsatz von Braun-, Steinkohle und Mineralöl für die Stromproduktion, andererseits ist auch im deutschen Verkehrssektor die starke Lobbyarbeit der Automobilindustrie zu spüren. Letztere weiß eine spürbare Absenkung der Treibhausgasemissionen im Verkehrssektor schon seit Jahren zu verhindern.

Ein weiteres, weit weniger greifbares Problem, sind Emissionen, die eher versteckt vorkommen, bei denen man den schädlichen Ausstoß also nicht sofort sieht. Um zu berechnen, wie umweltschädlich ein bestimmtes Produkt, bzw. die Herstellung eines Produkts ist, kann man seinen CO2-Fußabdruck ermitteln, also die Menge an Emissionen, die freigesetzt wurde, um das jeweilige Produkt zu erzeugen und an seinen Verkaufsort, bzw. zum Verbraucher zu bringen. Es erschließt sich leicht, dass Produkte mit langen Lieferwegen oder hohem Herstellungsaufwand mehr Emissionen erzeugen und einen höheren CO2-Fußabdruck aufweisen, als regionale, wenig verarbeitete Produkte.

Als weitere logische Schlussfolgerung daraus ergibt sich, dass Produkte, die einen stark schädlichen Einfluss auf die Umwelt haben, ebenso höhere Mengen an CO2 während der Herstellung emittieren. Dies trifft in ganz besonderem Maße auf Erzeugnisse zu, für die Wälder abgeholzt oder brandgerodet, Torf entwässert oder bearbeitet und ein hohes Maß an Pestiziden und Düngemitteln eingesetzt wurde. Für die Erzeugung von Palmöl gelten alle genannten Punkte. Darüber hinaus hört die Emission bei Palmöl auch nicht auf, wenn das Öl bereits gewonnen wurde. Abwässer, die bei der Produktion entstehen, emittieren, lange nachdem das Öl schon in Fertigprodukten oder Cremes verarbeitet wurde, hohe Mengen Methan: ein Gas mit 20- bis 25-mal schädlicheren Klimaauswirkungen, als CO2. Der gesamte Methanausstoß indonesischer Produzenten ist für ein Drittel der Treibhausgasemissionen des Landes verantwortlich. Dies verschlechtert die ökologische Bilanz von Palmöl noch zusätzlich. Wenn die tatsächlichen Emissionen (durch Rodung, Landnutzung, Abwässer und Monokulturzüchtung) mit einberechnet werden, ist Palmöl sogar deutlich klimaschädlicher als fossile Brennstoffe. Beim Beispiel Biodiesel kann der aus Palmöl hergestellte Liter, laut einem Bericht der UNEP (United Nations Environment Programme) bis zu 2.000% mehr Treibhausgase verursachen als der Liter fossiler Diesel (wenn z.B. ein kohlenstoffreiches Moorgebiet für den Anbau freigelegt wird). Hier könnte man möglicherweise noch auf einen, zumindest nachhaltig intentionierten Anbau nach RED/EEG (bzw. Biokraftstoffnachhaltigkeitsverordnung) verweisen. Der größte Anteil des Palmöls landet allerdings in Lebensmitteln und Kosmetikprodukten.

Im Gegensatz zu Agrokraftstoffen ist hier weder von der EU noch von Deutschland vorgeschrieben, wie das Palmöl angebaut werden muss. Das Problem der illegalen Rodung und des zerstörerischen Anbaus verlagert sich also wenn überhaupt nur.

Palmöl widerspricht mit all seinen negativen Begleiterscheinungen also klar der deutschen Klimapolitik. Dennoch gibt es bis heute keinen umfassenden Deklarationszwang und auch keine Steuer auf den kritisierten Inhaltsstoff. So drängt sich Deutschland aus seiner Vorreiterrolle für ein besseres Klima selber ins Abseits.

Jeder Inhaltsstoff, der mit der Zerstörung von Regenwald einhergeht, hat immer einen hohen CO2-Fußabdruck (CO2 wird bei Rodung und Bodenbearbeitung freigesetzt. Zusätzlich schwinden wegen der Abholzung und Abtorfung die Kohlenstoffsenken). Da dies auf Palmöl in einem besonderen Maße zutrifft und die Nachfrage nach dem zurzeit sehr günstigen Fett boomt und immer weiter ansteigt, muss eine Deklaration für alle Produkte mit Palmöl zwingend vorgeschrieben werden. Zudem kann nur eine Steuer für Palmöl eine Wende in der negativen Klimabilanz in Deutschland vertriebener Produkte herbeiführen. Erst wenn Produkte mit Palmöl mehr kosten als Produkte ohne, wird Deutschland tatsächlich zu dem Vorreiter, der Deutschland sein will.